Die besonderen Möglichkeiten des staatlichen „Verfassungsschutzes“ im Kampf gegen „die Organisierte Kriminalität“ zu nutzen, ist eine Idee aus den 1990er Jahren. Nur einzelne Bundesländer haben sie realisiert. Den Kampf um das Vorfeld hat die Polizei gewonnen.
Anfang der 1990er Jahre in Deutschland: Mit dem Zusammenbruch des „Ostblocks“ hat sich der Legitimationsgrund des amtlichen „Verfassungsschutzes“ in Luft aufgelöst. Mit dem Kalten Krieg ist die Unterwanderungsgefahr aus dem Osten verschwunden. Die sonstigen Beobachtungsaufgaben rechtfertigen kaum die (Größe der) bestehenden Apparate. Zur selben Zeit: 1992 wird das Gesetz zur Bekämpfung der „Organisierten Kriminalität“ beschlossen, mit dem eine Reihe verdeckter Methoden als polizeiliche Ermittlungsmethoden im Strafverfahren legalisiert (unter anderem längerfristige Observation, Abhören außerhalb von Wohnungen, Verdeckte ErmittlerInnen) beziehungsweise ausgeweitet (Fernmeldeüberwachung) wurden.[1] Im Dunkel des Vorfelds: „Verfassungsschutz“ sucht „Organisierte Kriminalität“ weiterlesen →
von Paul Wellsow
Der Untersuchungsausschuss „V-Leute gegen Abgeordnete“ (UA 5/2) des Thüringer Landtages lieferte interessante Einblicke in das trübe Innenleben und den dubiosen Alltag des „Verfassungsschutzes“.
Parallel zur Aufklärung rund um den „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) setzte das Landesparlament im Dezember 2012 auf Antrag der Fraktion DIE LINKE und mit Unterstützung von GRÜNEN und SPD einen weiteren Untersuchungsausschuss ein. Das Gremium sollte Aufklärung über die Anwerbung, Führung und die dubiosen Aktivitäten des früheren NPD-Funktionärs und Spitzels des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz (TLfV) Kai-Uwe Trinkaus bringen. Konkret ging es darum, die „erfolgte Bespitzelung, Herabwürdigung und Infiltration von Parteien, Fraktionen und Vereinen“ durch Trinkaus aufzuklären und herauszufinden, ob seine Aktivitäten „mit Wissen und/oder Zustimmung“ des TLfV und der Landesregierung erfolgten, wie es im Einsetzungsbeschluss hieß. Trinkaus hatte während seiner Zeit als V-Mann Aktionen initiiert, mit denen Abgeordnete verschiedener Parteien aus Land und Bund sowie GewerkschafterInnen öffentlich diskreditiert wurden sowie Fraktionen des Landtages, die Verwaltung des Parlaments und Vereine unterwandert worden waren. Sein Vorgehen erinnerte BeobachterInnen schon damals an geheimdienstliche Methoden.[1] Nazi-Spitzel Trinkaus: Noch eine Thüringer V-Mann-Geschichte weiterlesen →
von Andreas Förster
Selten war der Unsinn des V-Leute-Wesens offensichtlicher: Mindestens 17 Spitzel tummelten sich im Umfeld des „Nationalsozialistischen Untergrunds“.
Das Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) legt – wenn man ihm glauben will – bereits seit Jahren hohe Maßstäbe an Lebenswandel und Selbstverständnis seiner Quellen an. Maßstäbe, die laut dem Bundesamt deutlich über den Kriterien liegen, nach denen die meisten Landesämter ihre sogenannten Vertrauenspersonen vulgo Spitzel auswählen. Und natürlich soll der Bundesmaßstab nun künftig auch von den Ländern angelegt werden, regt Köln als Konsequenz aus dem Desaster um die rechte Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) an. Von Spitzeln umzingelt. Der NSU und die V-Leute des Verfassungsschutzes weiterlesen →
Interview mit Martina Renner
Die Geschichte des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ beginnt nicht erst mit dem Abtauchen des Trios Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe 1998. Das Gewaltpotenzial der Neonazi-Szene wurde verharmlost. Der Verfassungsschutz agierte mit seinen V-Leuten „rechts- und regellos“, sagt Martina Renner. Heiner Busch befragte die Landtagsabgeordnete der LINKEN und stellvertretende Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses.
Was ist der Auftrag des Untersuchungsausschusses?
Der Untersuchungsausschuss wurde im Januar 2012 auf gemeinsamen Antrag aller Fraktionen im Thüringer Landtag eingesetzt. Er soll mögliches Fehlverhalten der Sicherheits- und Justizbehörden des Landes im Zusammenhang mit Aktivitäten rechtsextremer Strukturen, insbesondere des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) und des „Thüringer Heimatschutzes“ (THS), unter die Lupe nehmen. Zum Auftrag des Ausschusses gehört auch die Rolle der zuständigen Ministerien einschließlich ihrer politischen Leitungen sowie der mit den Sicherheitsbehörden zusammenarbeitenden Personen, der so genannten menschlichen Quellen, der V-Leute also. Auch die Vorgeschichte im Blick – Der Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss weiterlesen →
von Heiner Busch
Die Ämter für Verfassungsschutz hatten maßgeblichen Anteil daran, dass das „Terror-Trio“, das sich selbst „Nationalsozialistischer Untergrund“ nannte, 1998 abtauchen konnte und bis zum November 2011 unentdeckt blieb. Für ihr Versagen werden sie nun mit dem Ausbau ihrer Macht belohnt.
Neun Gewerbetreibende türkischer bzw. griechischer Herkunft, die zwischen 2000 und 2006 regelrecht hingerichtet wurden; eine getötete Polizistin und ihr Kollege, der bei dem Anschlag in Heilbronn 2007 nur knapp mit dem Leben davon kam; zwei Bombenanschläge 2001 und 2004 in Köln mit vielen Verletzten; vierzehn Überfälle auf Banken und Sparkassen – das ist die Bilanz der Straftaten des „Nationalsozialistischen Untergrunds“, die sich seit dem 4. November, seit dem Tod von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in ihrem Wohnmobil in Eisenach und seit dem von Beate Zschäpe gelegten Brand in der gemeinsamen Wohnung in Zwickau herauskristallisiert hat. Aktionismus statt Aufklärung – Der neue staatliche „Kampf gegen Rechts“ weiterlesen →
von Fredrik Roggan
Was nach der Strafprozessordnung bereits seit 1968 zulässig ist, wird nun auch in die Polizeigesetze der Länder eingeführt: die Überwachung der Telekommunikation, kurz: TKÜ. Dabei dienen die – technisch betrachtet – sich entsprechenden Maßnahmen der Polizei unterschiedlichen Zwecken und sind rechtlich daher zu unterscheiden.
Thüringen hat im Jahre 2002 als erstes Bundesland Regelungen zur Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) in sein Polizeigesetz aufgenommen. Die Regelung in § 34 a Abs. 1 des Thüringischen Polizeiaufgabengesetzes (ThürPAG) sieht wie die der inzwischen gleichfalls ergänzten Polizeigesetze von Niedersachsen und Rheinland-Pfalz[1] einen Auskunftsanspruch der Polizei gegenüber den Anbietern von TK-Dienstleistungen vor. Lauschen im Vorfeld – Neue Regelungen zur „präventiven“ Telefonüberwachung weiterlesen →
von Christoph Ellinghaus
„Hinsichtlich der als V-Mann anzuwerbenden Personen gibt es kaum rechtlich verbindliche, die eine oder andere Personengruppe … ausschließende Kategorien.“ So heißt es in einem führenden Kommentar zum Recht der Nachrichtendienste.[1] Dessen Autor, Helmut Roewer, wurde im Juni vom Posten als Chef des Thüringer Verfassungsschutzes suspendiert. Das Amt – so ein Bericht des ZDF-Politmagazins Kennzeichen D vom 7. Juni – hatte über Jahre hinweg den Neo-Nazi Thomas Dienel als V-Mann geführt.
Wie Innenminister Christian Köckert (CDU) am Tage nach der Kennzeichen D-Sendung bestätigte, hat Dienel 1996-97 insgesamt 25.000 DM Honorar für die Informationen erhalten, die er dem Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) bei rund 80 Kontakten lieferte. Dienel selbst ließ verlauten, das Geld, das er stets als Spende verstanden habe, u.a. für die Herstellung von Propagandamaterial der rechtsextremen Szene verwendet zu haben. Darüber hinaus habe er Informationen über Polizeieinsätze und Ermittlungen der Staatsanwaltschaft erhalten. Man habe ihm auch Unterstützung bei laufenden Gerichtsverfahren zugesichert. Rechte Spitzel des Verfassungsschutzes – Nicht nur in Thüringen weiterlesen →
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