In Karlsruhe wollte die örtliche Staatsanwaltschaft die Mitarbeiter*innen eines Fußball-Fanprojekts zur Zeugenaussage zwingen. Ihre Weigerung wurde mit einem Strafbefehl geahndet. Das Karlsruher Vorgehen bedroht die Arbeitsgrundlage nicht nur der Fanarbeit, sondern der Sozialarbeit insgesamt, weil es das Vertrauen zu deren Adressat*innen untergräbt. Deutlich wird die Dominanz der Strafverfolgung gegenüber sozial unterstützenden Interventionen, sowie die fehlende politische Bereitschaft, durch ein Zeugnisverweigerungsrecht die Soziale Arbeit zu stärken.
Am 12. November 2022 empfängt der Karlsruher Sportclub (KSC) den Zweitliga-Konkurrenten FC St. Pauli zu einem Heimspiel. Karlsruher Fußball-Fans zünden Pyro-Technik im Stadion. Die wegen ihres 20-jährigen Bestehens besonders aufwendig geplante Jubiläums-Inszenierung geht schief, mindestens elf Personen werden verletzt. Wegen der Vorfälle wird der KSC vom Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes zu einer Geldstrafe von 50.000 Euro verurteilt. Die Staatsanwaltschaft leitet strafrechtliche Ermittlungen ein, die sich gegen Mitglieder der Fangruppe „Rheinfire“ richten. Im Mai 2024 beginnt der erste Prozess gegen zwei Beschuldigte; ihnen wird „gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung“ vorgeworfen. Die beiden Angeklagten werden zu Bewährungsstrafen (zehn bzw. zwölf Monate) und 5.000 Euro Geldstrafe verurteilt. Beim zuständigen Amtsgericht sind weitere 20 Verfahren gegen Mitglieder oder Unterstützer*innen der Gruppe anhängig.[1] Strafrecht statt Sozialarbeit: Die Folgen des fehlenden Zeugnisverweigerungsrechts weiterlesen