In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP auf die Erhebung einer „Überwachungsgesamtrechnung“ verständigt. Der Begriff geht auf die rechtswissenschaftliche Debatte um das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung von 2010 zurück. Das Gericht hatte angemahnt, dass der Gesetzgeber bei der Einführung neuer Datenspeicherungspflichten seinen Blick „auf die Gesamtheit der verschiedenen schon vorhandenen Datensammlungen“ zu richten habe (1 BvR 256/08, Rn. 218).
Innerhalb der Koalition ist die Aufstellung einer „Überwachungsgesamtrechnung“ ein zentrales Projekt der FDP, um bürgerrechtliches Profil zu zeigen. Die FDP-nahe „Friedrich-Naumann-Stiftung“ hat viel Geld in die Hand genommen, um das Max-Planck-Institut in Freiburg eine umfassende Machbarkeitsstudie erstellen zu lassen.[1]Hierin werden Eingriffsbefugnisse und Speicherpflichten mit Punkten versehen und ein quasi betriebswirtschaftliches Benchmark-System entwickelt, um am Ende sehen zu können, wann der Maximalwert für Überwachung erreicht ist, der noch mit dem Grundgesetz vereinbar sei.
Der Versuch, diesen Ansatz in ein regierungsamtliches Vorhaben zu überführen, ist aber nun ins Stocken geraten. 1,5 Millionen Euro, die im Haushaltsentwurf 2022 für die Überwachungsgesamtrechnung im Budget des SPD-geführten Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) vorgesehen waren, sind nun auf BMI und das FDP-geführte Bundesjustizministerium aufgeteilt worden. Dazu hat der Haushaltsausschuss einen Sperrvermerk ausgebracht: das Geld darf erst ausgegeben werden, wenn sich beide Häuser sich darauf verständigt haben, bei wem die Federführung liegt.