Für die EU-Kommission sind die Zollbehörden „Wächter der EU-Grenzen für den Warenfluss“. Bei ihrer Zusammenarbeit setzen sie vermehrt auf „Risikoanalyse“ und neue Informationssysteme.
Seit 1968 war die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft eine Zollunion für industrielle und ab 1970 dann auch für agrarische Produkte. An den Binnengrenzen der Mitgliedstaaten entfallen seither sämtliche Zollformalitäten. Auch die Höhe der Zölle an den Außengrenzen, über die zuvor alle Länder in eigener Verantwortung entschieden hatten, wird seitdem über einen gemeinsamen Zolltarif geregelt.
Das Regelwerk für die heutige EU-Zollunion ist der 1992 verabschiedete Unionszollkodex (UZK). Dort werden Zollabgaben für Einfuhren von außerhalb der EU einheitlich geregelt. Die Europäische Kommission schlägt stets aktualisierte Zollvorschriften vor und überwacht deren Umsetzung. Zuständig ist die Generaldirektion Steuern und Zollunion (TAXUD) in Brüssel. Sie betreibt auch das Tarifsystem (TARIC3), in dem die aktuellen Zolltarife angezeigt werden.
Zollabgaben werden grundsätzlich dort bezahlt, wo die Waren zuerst ankommen. Die daraus erzielten Einnahmen gelten als „traditionelle Eigenmittel“ der EU und decken rund 14 Prozent des Gesamthaushalts. Die Mitgliedstaaten behalten davon 20 Prozent für Aufwendungen ihrer Zollbehörden und deren Kontrolltätigkeit. 2016 nahm die EU beispielsweise rund 25 Milliarden Euro Zollgebühren ein, nach Abzug der nationalen Ausgaben blieben davon 20 Milliarden. Von den Gesamteinnahmen stammten in den letzten drei Jahren jeweils rund vier Milliarden Euro aus Deutschland.
Die Zollbehörden der Mitgliedstaaten sind nicht nur zuständig für die Erhebung der Zollabgaben, sondern auch für die Verhinderung, Ermittlung und Verfolgung von Verstößen – und zwar sowohl gegen die EU-Zoll- und Agrarregeln als auch gegen einzelstaatliche Vorschriften. Bei Letzteren handelt es sich insbesondere um Vorschriften über kontrollierte oder verbotene Waren, also beispielsweise (illegalisierte) Drogen, Kriegswaffen oder Dual-Use-Güter, und entsprechende Regelungen im (Neben-)Strafrecht. Die gegenseitige Amtshilfe zwischen den EU-Zollbehörden wurde dementsprechend 1997 parallel in zwei unterschiedlichen Rechtstexten geregelt: einerseits in einer Verordnung in der damaligen 1. Säule der EU (Binnenmarkt) und andererseits in einem Vertrag in der damaligen 3. Säule (Justiz und Inneres), dem Neapel-II-Übereinkommen, das nicht nur einen umfassenden Informationsaustausch, sondern auch „besondere“ Formen der Kooperation erlaubt: Bildung gemeinsamer Ermittlungsgruppen, grenzüberschreitende Nacheile und Observation, kontrollierte Lieferungen und verdeckte Ermittlungen.[1]
Keine Zollagentur
Anders als im Bereich des Außengrenzschutzes oder der polizeilichen Zusammenarbeit gibt es im Zollbereich keine zentrale EU-Agentur. Stattdessen sollen die Zollbehörden der Mitgliedstaaten, die die Kommission als „Wächter der EU-Grenzen für den Warenfluss“ bezeichnet, „wie eine einzige Behörde handeln“.[2]
In bestimmten Bereichen übernimmt das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF), eine weitere Generaldirektion der EU-Kommission, eine koordinierende Rolle. Das Amt bietet den Zollbehörden eine „permanente technische Infrastruktur“ zur Unterstützung von Gemeinsamen Zollaktionen (Joint Customs Operations, JCO). Teilweise werden diese Aktionen auch von OLAF koordiniert.[3] Es handelt sich dabei um gezielte Überwachungs- und Kontrollaktionen entlang bestimmter Handelsrouten oder in Bezug auf bestimmte Waren. Praktiziert werden auch gemeinsame Aktionen von Zoll- und Polizeibehörden, an denen sich gegebenenfalls auch Interpol und Europol beteiligen.[4] Zollbehörden nehmen außerdem an gemeinsamen Aktionstagen (Joint Action Days) von Frontex teil.[5]
Auch die Weltzollorganisation (WCO) nimmt zuweilen eine koordinierende Rolle bei solchen Großaktionen wahr. Der 1953 als Brüsseler Zollrat gegründeten Vereinigung gehören heute 179 nationale Zollverwaltungen an, darunter sowohl diejenigen der EU-Mitgliedstaaten als auch seit 2007 die EU selbst. Zu den Zielen der WCO gehört neben der Erleichterung des weltweiten Handels die Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität. Hierzu kooperiert die WCO unter anderem mit Interpol und Europol, mit denen die Organisation 1998 beziehungsweise 2002 Memoranda of Understanding abschloss. Eine solche Vereinbarung, die allerdings nicht öffentlich ist, besteht auch mit OLAF.[6]
Der größte Teil der Gemeinsamen Zollaktionen der EU-Mitgliedstaaten wird nach wie vor von den beteiligten Zollbehörden selbst organisiert. Planungen und Nachbereitungen finden in der Ratsarbeitsgruppe Zusammenarbeit im Zollwesen (CCWP), die unter anderem „die strategischen und taktischen Ziele“ festlegt. Die Zollbehörden arbeiten dabei eng mit dem Ständigen Ausschuss für die operative Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit (COSI) und mit Frontex[7] zusammen. In der CCWP werden alle zwei Jahre neue Aktionspläne mit neuen Maßnahmen beschlossen.[8] Während sich die CCWP mit der operativen Kooperation befasst, kümmert sich die Ratsarbeitsgruppe Zollunion (CUWP) vor allem um die zollrechtlichen Fragen.[9]
Regionale Kontaktgruppen
Für die „praktische Zusammenarbeit und Koordination“ zwischen den Zollverwaltungen hat der Rat außerdem Sachverständigenteams für verschiedene Regionen eingerichtet. Für die östlichen und südöstlichen Zollaußengrenzen ist beispielsweise die Gruppe CELBET zuständig. Ähnliche Gruppen existieren für die verantwortlichen Behörden der Landaußengrenzen sowie der großen Häfen und Flughäfen.[10] Die Kontaktgruppe Landgrenzen (LFCG) ist beispielsweise für 250 Grenzübergänge zuständig und vereint 16 Länder mit EU-Landaußengrenzen.[11]
Der am häufigsten genutzte Verkehrsweg für Ein- und Ausfuhren in die beziehungsweise aus der EU ist der Seeverkehr, gefolgt vom Luft- und Straßenverkehr. 2016 haben die nationalen Zollbehörden insgesamt fast 313 Millionen Zollanmeldungen erhalten, die von mehr als 2.000 nationalen Zollstellen bearbeitet wurden. An den Flughäfen, Grenzübergängen, Häfen, Binnenzollstellen arbeiten insgesamt 114.000 Zollbeamt*innen, außerdem betreiben die nationalen Behörden 90 Zolllabore. Zu ihren Aufgaben gehört die Kontrolle illegaler und/oder gefährlicher Waren, darunter verbotene Rauschmittel, verdächtige Lebensmittel, Sprengstoff oder große Mengen Bargeld.[12] 2016 haben die Behörden 299 Tonnen Drogen, 4,6 Milliarden illegal eingeführte Zigaretten und 6.256 Schusswaffen beschlagnahmt.
Risikobasierte Zollaufsicht
Der Außenhandel und damit auch die Im- und Exporte in die beziehungsweise aus der EU nehmen weiter zu. Erwartet werden jährlich mehr als 300 Millionen Frachten auf allen Transportwegen, hinzu kommen bis zu einer Milliarde Post- und Expresssendungen. Gemäß dem Unionszollkodex unterliegen alle Waren, die ins EU-Zollgebiet eingeführt werden, es passieren oder es verlassen, einschließlich der von oder auf Personen beförderten Waren, einer risikobasierten Zollaufsicht. Zu den Aufgaben der regionalen Kontaktgruppen gehört deshalb der Austausch von Risikoinformationen, aufgrund derer die Mitgliedstaaten ihre Zollkontrollen ausrichten. Hierzu nutzen die Behörden das Common Risk Management Framework (CRMF). Anhand gemeinsamer Risikokriterien werden die elektronischen Anmeldungen mit einer „vorausschauenden Frachtrisikoanalyse“ bearbeitet. Reaktionen darauf, die mehrere Mitgliedstaaten betreffen können, werden über das Zollrisiko-Managementsystem (CRMS) koordiniert.
Alle Transporteure müssen ihre Sendungen elektronisch beim zuständigen Eingangszollamt anmelden. Die Meldung wird im dezentralen europäischen Einfuhrkontrollsystem (Import Control System, ICS) erfasst und verarbeitet. Dieses „Fracht-Vorabinformationssystem“ wird derzeit als ICS2 zu einer elektronischen, papierlosen Umgebung für Einfuhr-, Ausfuhr- und Versandvorgänge umgebaut. Das neue System speichert Frachtdaten im Luft-, See-, Schienen- und Straßenverkehr zukünftig zentral.[13] Zu den vorab übermittelten Informationen gehören Daten aller Personen, die in den Verkauf, den Transport oder den Versand der Güter involviert sind, außerdem Angaben über die Firmen, in denen die Fracht verpackt oder gelagert wurde, sowie die genutzten Verkehrsmittel.
Die Ratsarbeitsgruppe Zollzusammenarbeit diskutiert nun Möglichkeiten der Ausweitung der Frachtrisikoanalyse. Hierzu gehört die verbesserte Verarbeitung von Risikokriterien für die elektronischen Fracht-Vorabmeldungen im ICS2. Die eingehenden Informationen sollen mithilfe von Data-Mining-Technologien analysiert werden. Ähnlich dem EU-Fluggastdatensystem (PNR) soll das ICS2 durch die Analyse der Vorabinformationen „schwerwiegende Sicherheitsrisiken … identifizieren, die durch internationale Warenbewegungen entstehen, bevor diese die EU-Außengrenzen erreichen“.[14] Das ICS2 nutzt Algorithmen, um verdeckte Muster oder andere Auffälligkeiten zu finden und gleicht die Daten mit Einträgen in Datenbanken ab. Erkenntnisse stammen auch aus der Datei „Containerstatusmeldungen“, die Informationen über die physischen Bewegungen eines jeden Containers enthält, der per Schiff in die EU eingeführt wird oder sie verlässt. In ähnlichen Datenbanken werden auch andere Waren, die importiert oder exportiert werden, dezentral gespeichert.
Datentöpfe der EU-Zollbehörden
Seit 1995 existiert bei OLAF das Aktennachweissystem für Zollzwecke (ANS). Dabei handelt es sich ähnlich dem Europol-Informationssystem um eine Index-Datei der Zollbehörden. Gespeichert werden natürliche und juristische Personen, die im Verdacht stehen, „Handlungen, die der Zoll- oder der Agrarregelung zuwiderlaufen“ oder „eine schwere Zuwiderhandlung gegen die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften“ begangen zu haben.[15] Die Behörden können damit herausfinden, ob gegen Personen oder Unternehmen bereits in anderen Mitgliedstaaten Ermittlungen angestrengt wurden oder diese verurteilt wurden.
Zur Fahndung ausgeschriebene Waren oder Transportmittel sowie Personen werden im 1997 eingerichteten Zollinformationssystem (ZIS), das ebenfalls von OLAF geführt wird, gespeichert.[16] Ähnlich dem Schengener Informationssystem (SIS II) ist das zentrale ZIS eine Datei mit verschiedenen Möglichkeiten zur Ausschreibung, mit denen Daten in anderen Mitgliedstaaten abgefragt werden oder dortige Behörden um Maßnahmen zu bestimmten Gütern, Unternehmen, Transportmitteln oder Personen gebeten werden können. Die Nutzung des ZIS soll nun ebenfalls ausgebaut werden. Die zuständigen Behörden sollen ihre Einträge sorgfältiger gestalten und „je Beschlagnahme eine Meldung“ in das System einspeisen.
Grundsätzlich können nationale Zollbehörden auch das SIS II, das Visainformationssystem und Europol-Daten abfragen. Dieser nicht-automatisierte, nur lesende Zugriff ist jedoch in den Mitgliedstaaten unterschiedlich geregelt. In vielen Ländern darf das SIS nur im Rahmen zollbezogener strafrechtlicher Ermittlungen genutzt werden. Das deutsche Zollkriminalamt darf dort jedoch auch selbst Einträge anlegen.
Verzahnung mit „innerer Sicherheit“
Bereits 2011 hatte die EU den Ausbau der Zusammenarbeit mit Polizei- und Grenzbehörden in der „Strategie für die künftige Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung im Zollbereich“ beschrieben.[17] Zu den Zielen gehörten damals die Erhöhung der Sicherheit und Gefahrenabwehr und die Verbesserung der Verwaltungskapazitäten der Zollbehörden. Im Programm „Zoll 2020“ erhielten die nationalen Zollbehörden 547,3 Millionen Euro für die Verbesserung und Unterstützung der bestehenden und die Entwicklung neuer Informationssysteme.
Die Einbindung der Zollbehörden in den „Schutz der inneren Sicherheit“ hat das Generalsekretariat des Rates seit dem letzten Jahr mehrfach bekräftigt.[18] Die „Wächter über die Warenströme“ übernehmen demnach eine „wertvolle Rolle“ bei der Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität. In einem Vermerk „Enhancing customs contribution to internal security“[19] schlug der damals bulgarische Ratsvorsitz Maßnahmen in drei Themenfeldern vor, in denen der Zoll „noch stärker zu einem hohen Maß an innerer Sicherheit in der EU“ beitragen soll: institutionelle Zusammenarbeit, operative Zusammenarbeit sowie Informationsaustausch.
Die Zollsysteme sollen beispielsweise an das Projekt „Interoperabilität“ angeschlossen werden, in dem die EU derzeit alle biometrischen Datenbanken im Bereich Justiz und Inneres neu sortiert und teilweise zusammenlegt. Zuerst hatte die vom Rat eingesetzte Expertengruppe für Informationssysteme und Interoperabilität (HLEG) diese Einbindung der Zollsysteme in das Projekt „Interoperabilität“ vorgeschlagen.[20] In ihrem Abschlussbericht empfahl die HLEG vor zwei Jahren, dass die Kommission eine Machbarkeitsstudie durchführt, um die technischen, rechtlichen und operativen Aspekte der Interoperabilität mit den Zollsystemen weiter zu untersuchen.
Teilnahme an EU-Sicherheitsforschung
Auf die Daten des europäischen PNR-Systems haben Zollbehörden nicht in allen Mitgliedstaaten direkten Zugriff. Die deutsche Zollverwaltung erhält von der deutschen Fluggastdatenzentralstelle (PIU) nur Informationen bei relevanten Treffern im Einzelfall.[21]. Zu den Plänen der HLEG gehört deshalb auch, die Informationen der Zoll-Risikoanalyse auch in die Verarbeitung von Fluggastdatensätzen zu integrieren. Hierzu soll die Weltzollorganisation entsprechende Leitlinien erstellen.
Nach „Zoll 2020“ hat die EU ein neues Programm „Customs“ aufgelegt, derzeit diskutieren das EU-Parlament und der Rat eine entsprechende Verordnung.[22] Ein großer Teil der Gelder wird wohl für neue Informationstechnologie ausgegeben. Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, den Zollbehörden zusätzliche finanzielle Hilfen für Kontrollausrüstung aus dem Fonds für integriertes Grenzmanagement zukommen zu lassen.[23] Sie fördert den Einsatz neuer „moderner Techniken“ für den Zoll, darunter Detektionstechnologien und nicht invasive Kontrollausrüstungen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf „Hochrisikofrachten“, die nach einer Anmeldung im Einfuhrkontrollsystem als verdächtig identifiziert wurden. Den Plänen zufolge sollen die Zollbehörden zukünftig als Endnutzer an den eigentlich auf die Strafverfolgungsbehörden ausgerichteten Sicherheitsforschungsprojekten im Rahmenprogramm Horizont 2020 teilnehmen.
Mehr Gemeinsame Zentren
Die Programme „Zoll 2020“ und „Customs“ enthalten außerdem die Forderung nach mehr Zusammenarbeit mit anderen EU-Agenturen und internationalen Organisationen. Gefordert wird außerdem die Ausweitung der Anwendung des Neapel-II-Übereinkommens zur gegenseitigen Amtshilfe und Zusammenarbeit der Zollverwaltungen, um den „besonderen Formen der Zusammenarbeit“ zwischen Strafverfolgungs- und Justizbehörden eine Rechtsgrundlage zu verschaffen. Entsprechende Maßnahmen hat die EU in den „operativen Aktionsplänen“ der Europäischen multidisziplinären Plattform gegen kriminelle Bedrohungen (EMPACT) definiert.
Seit den 1990er Jahren haben die EU-Mitgliedstaaten an den Binnengrenzen sogenannte Gemeinsame Zentren der Polizei- und Zollzusammenarbeit (Police and Custom Cooperation Center, PCCC) eingerichtet. Rechtlich geregelt wurden sie in bilateralen Abkommen, gestützt auf Artikel 39 des Schengener Durchführungsübereinkommens. Sie sollen die Sammlung und den Austausch von Informationen fördern, die Bearbeitung von Ersuchen der Partnerländer vereinfachen und gemeinsame grenzüberschreitende Maßnahmen erleichtern. Derzeit existieren in der gesamten EU und auf dem Westbalkan 59 solcher Gemeinsamen Zentren, ihre Zahl soll nun ebenfalls erhöht werden.
Verbindungsbeamt*innen bei Europol und Frontex
Die agenturübergreifende Zusammenarbeit wird nun verstärkt, die Ratsarbeitsgruppe Zusammenarbeit im Zollwesen soll eine entsprechende Strategie und einen Aktionsplan zur Umsetzung erarbeiten. Zu den erhofften Synergien zwischen Zoll- und Strafverfolgungsbehörden gehört beispielsweise ein gemeinsames Konzept für das Risikomanagement. Informationen des Zolls könnten etwa genutzt werden, um irreguläre Migrant*innen oder Schleusungsverdächtige aufzuspüren. Die Mitgliedstaaten sollen den Erfolg der Strategie sichern, indem sie ihren Zollbehörden die „Befugnisse übertragen, die diese benötigen, um die Empfehlungen möglichst weitgehend umzusetzen“.
Die erweiterte Zusammenarbeit betrifft unter anderem Europol.[24] Alle Zollbehörden sollen an den Informationsaustausch über das Europol-System SIENA angebunden werden, bislang haben weniger als die Hälfte der nationalen Zollverwaltungen dort einen Zugang. Die Mitgliedstaaten sollen sich außerdem an den „multidisziplinären Fachzentren“ bei Europol beteiligen. Gemeint sind etwa das Zentrum zur Bekämpfung der Migrantenschleusung (EMSC) oder das Anti-Terrorzentrum (ECTC). Die nationalen Zollverwaltungen sollen deshalb Zollverbindungsbeamt*innen in die Verbindungsbüros bei Europol entsenden; auch dies wird derzeit nur von der Hälfte der Mitgliedstaaten praktiziert.
Der Zoll soll außerdem stärker mit der Europäischen Grenzagentur Frontex kooperieren. Auch hier ist die Ratsarbeitsgruppe Zusammenarbeit im Zollwesen entsprechend aktiv, Frontex nimmt regelmäßig an Sitzungen der Gruppe teil. Zollbeamt*innen sollen bei Operationen von Frontex mitmachen, zu den Plänen gehört die gemeinsame Ausbildung von Grenzschutz- und Zollbeamt*innen in „Bereichen von gemeinsamem Interesse“. Vorgesehen ist ein „regelmäßiger und strukturierter Austausch“ von Risikoanalysen und die die gemeinsame Arbeit an neuen „Datenerhebungs-, Verarbeitungs- und Analysemethoden“.
Die Zollbehörden könnten zudem die Eurosur Fusion Services nutzen, mit denen Frontex die EU-Außengrenzen mit Satelliten, Flugzeugen und Drohnen überwacht. Hierzu sollen die Mitgliedstaaten Verbindungsbeamt*innen ihrer Zollbehörden in die nationalen Koordinierungszentren des Grenzüberwachungssystems Eurosur entsenden. Für den Anschluss an das in Deutschland von der Bundespolizei geführte System hat die Zollverwaltung im Sommer ein entsprechendes Verbindungszentrum in Stralsund in Betrieb genommen.
Einbindung von Drittstaaten
Schließlich sieht die „Strategie für die künftige Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung im Zollbereich“ vor, dass die nationalen Zollbehörden gemeinsame Maßnahmen mit Zollverwaltungen oder den mit Zollangelegenheiten befassten Behörden in Drittstaaten durchführen. Schon jetzt nehmen einige Nicht-EU-Länder an den „Gemeinsamen Aktionen“ von EU-Zollbehörden teil. Hierzu gehören Kandidatenländer und potenzielle Kandidatenländer der EU sowie Bewerberländer und potenzielle Bewerberländer, darunter Behörden aus Albanien, Mazedonien, Montenegro, Serbien und der Türkei.[25]
Diese Kooperationen könnten zukünftig stark zunehmen und auf Länder der Europäischen Nachbarschaftspolitik ausgeweitet werden. In zahlreiche Partnerländer hat die EU „Ständige Delegationen“ abgeordnet, die jetzt bei der „Stärkung der operativen Zusammenarbeit“ den Wächtern des europäischen Warenflusses helfen sollen.