Am 9. September legte die Bundesregierung den Bericht über das Abhören von Wohnungen vor.[1] Am Erhebungsverfahren und an der Darstellung hat sich gegenüber den Vorjahren nichts geändert. So enthält der Bericht weiterhin keine Angaben über die Lauschangriffe, die auf der Grundlage der Polizeigesetze der Länder stattfanden. Als „Betroffene“ werden nur die Zielpersonen oder Wohnungseigentümer, -mieter oder ‑nutzer betrachtet, nicht aber die Personen, die tatsächlich abgehört wurden. Wie in der Vergangenheit ergeben sich aus den spärlichen Angaben der tabellarischen Übersicht mehr Fragen als Antworten.
Im Jahr 2003 wurden in zwei vom Generalbundesanwalt geführten Verfahren und in 35 Verfahren, die in acht Bundesländern geführt wurden, Wohnungen abgehört. Diese Maßnahmen erstreckten sich auf 50 Wohnungen. Der regionale Schwerpunkt der Überwachungen lag in Bayern (13 Verfahren mit 14 Wohnungen), gefolgt von Baden-Württemberg (6:8) und Nordrhein-Westfalen (4:12). Als „Betroffene“ wurden 140 Personen ausgewiesen; bei 49 Personen habe es sich um Nichtbeschuldigte gehandelt (die Quote der Nichtbeschuldigtenüberwachung betrug in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen über 50 %). Deliktisch lag der Schwerpunkt bei Verfahren wegen Mord, Totschlag oder Völkermord (14 Verfahren), gefolgt von BtmG-Ermittlungen (8). In nur 17 Verfahren bejahten die Ermittler einen Bezug zur „Organisierten Kriminalität“. In 20 Verfahren wurden die durch das Abhören gewonnenen Informationen als relevant für das Verfahren bewertet (worin die Relevanz bestand, wird nicht mitgeteilt); in 21 der 37 Verfahren unterblieb die nachträgliche Benachrichtigung der Betroffenen.
Kurios wie immer sind die Angaben zur Dauer und zu den Kosten. Der längste Lauschangriff dauerte 325 Tage, kostete 500 Euro und war ohne Relevanz für das Verfahren. Während die Polizei in Bayern neun Tage umsonst abhören kann, weist Sachsen-Anhalt für eine eintägige Überwachung exakt 1,12 Euro aus. Die teuersten Abhöraktionen (mit 49.160 bzw. 43.731 Euro) fanden in Nordrhein-Westfalen statt – bei der zuletzt genannten, wegen Bestechung bzw. Bestechlichkeit eingeleiteten Überwachung, wurden immerhin neun Wohnungen an zusammen 83 Tagen abgehört. Von den 21 Betroffenen waren 16 Nichtbeschuldigte. Der Lauschangriff war ohne Relevanz für das Verfahren.
(Norbert Pütter)