Das Sozialamt Bottrop hat Pässe für ausreisepflichtige libanesische AsylbewerberInnen von einem „Vermittler“ gekauft. Dabei wurden, Ulrich Schulze von der Bottroper Stadtverwaltung zufolge, in 6 Fällen Ausweise für 20 Libanesen zur „freiwilligen Ausreise“ besorgt. In einem Fall handelte es sich um ein Reisedokument zur Abschiebung eines mehrfach vorbestraften Libanesen, so Schulze, wobei die Ausweise jeweils im Libanon „beschafft“ wurden. Aufgrund von „Reisekosten, Unterkunft vor Ort und Recherchekosten“ zahlte das Sozialamt pro Ausweis 2.500 US-Dollar an den libanesischen Mittelsmann. Gegen diesen ist ein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Essen anhängig. Als Grund nannte die Staatsanwaltschaft einen „Verdacht von Unregelmäßigkeiten“. Gegen zwei Sachbearbeiter der Stadtverwaltung wurden Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit den Ausweisbeschaffungen wieder eingestellt. Es liege kein „Fehlverhalten der beiden Mitarbeiter“ vor, so Schulze weiter. Das Risiko, sprich: die rechtliche Verantwortung dieses Passhandels, trägt allein der ausländische Mittelsmann.
Ausreisepflichtige AsylbewerberInnen ohne Pass dürfen nach § 55 Abs. 2 Ausländergesetz nicht abgeschoben werden und haben einen Anspruch auf Duldung, bis ihnen Reisedokumente zu Verfügung stehen. Die von der Bezirksregierung Münster „abgesegnete“ Passbeschaffung in Bottrop erweckt den Anschein einer behördlich gewollten Ausländer-Raus-Politik. Dubios daran erscheint, dass der Auftrag dazu vom Sozialamt ausging, das mit Ausweisbeschaffung i.d.R. nichts zu tun hat. Es entsteht mehr als der Verdacht, dass das Sozialamt durch eine teure aber rasche Passbeschaffung eine schnellere „Ausreise“ erzielen wollte, um die Sozialhilfe einzusparen. Die Umsetzung solcher Bestrebungen über gut bezahlte Mittelsmänner kennzeichnet eine neue Qualität in der Abschiebepolitik. Je knapper die Kassen werden, desto erfindungsreicher wird in Sachen Abschiebung getrickst. Allerdings leben die ausreisepflichtigen LibanesInnen, für deren „freiwillige Ausreise“ die Pässe bestimmt waren, nach Angaben der taz-ruhr vom 13.3.2003 alle wieder in Bottrop. Die ganze Aktion ist letztlich „umsonst“ gewesen und hat Menschen in die Illegalität gedrängt.
(Marion Knorr)