Streifen der Ordnungsämter – Zwischen Service, Sauberkeit und Ordnung

von Norbert Pütter

Trotz des Geredes über den „aufgeblähten öffentlichen Dienst“, die hohen Personalkosten und den Zwang zum Sparen gibt es Bereiche, die derzeit einen regelrechten Boom erleben. Die uniformierten Streifen der kommunalen Ordnungsämter zählen zweifellos zu den prosperierenden Verwaltungszweigen. Keine Stadt, die etwas auf sich hält, keinE LokalpolitikerIn, die sich in Szene setzen will, scheint auf die (neuen) Ordnungsamts-Streifen verzichten zu wollen.

Die Spannweite der praktizierten Modelle ist erheblich. Die lokalen Steifen unterscheiden sich sowohl in der Finanzierung als auch in Aufgabenstellung und Kompetenzen. Am unteren Ende des ordnungsamtlichen Engagements stehen jene „ABM-Streifen“, in denen Langzeitarbeitslose befristet mit Geldern der Arbeitsverwaltung angestellt werden.[1] In der Regel sind die Aufgaben dieser Trupps auf einen allgemeinen Service- und Ordnungsdienst beschränkt. Unter Bezeichnungen wie „Stadtwacht“ (Oer-Erkenschwieck), „Park Ranger“ (Hannover) oder „City Service“ (Dorsten) sollen sie durch ihre Präsenz im öffentlichen Raum „Fehlverhalten vermeiden helfen, Personen auf Fehlverhalten ansprechen sowie Beschädigungen und Verunreinigungen öffentlicher Einrichtungen melden. Außerdem dienen sie Besuchern der Stadt als Ansprechpartner.“[2] In der Regel verfügen diese Streifen, die an Uniformjacken mit der Aufschrift „Ordnungsamt“ oder „Stadtwache“ etc. erkennbar sind, über keine Sanktionsmöglichkeiten. Sie sollen – so der Anspruch – durch ihre Anwesenheit das Sicherheitsgefühl steigern und Auffälligkeiten den Verwaltungen melden.

Für andere Ordnungsamt-Streifen wird neues Personal bei den Städten eingestellt oder Innendienststellen werden zu solchen des Außendienstes umgewandelt. Regelmäßig kommt es bei diesen Streifen zu einer engen Kooperation mit der Polizei. Zum einen ergibt sich diese aus der rechtlichen Konstellation: Zur Ahndung von Ordnungswidrigkeiten sind zunächst die originär zuständigen Ordnungsbehörden berufen. Da diese in der Vergangenheit jedoch auf uniformiertes Exekutivpersonal verzichteten, nahm die Polizei diese Aufgabe weitgehend alleine wahr. Angesichts ihrer Orientierung auf die Verbrechensbekämpfung und angesichts immer neuer Probleme, die zu bearbeiten den Polizeien übertragen wird, sehen letztere ihren Spielraum zu vermehrter Präsenz erschöpft. Die Gemeinden versuchen nun durch ihre Ordnungsamts-Streifen diese vermeintliche Lücke zu schließen. Die praktischen Vorteile der Zusammenarbeit von staatlicher Polizei und städtischem Exekutivpersonal liegen auf der Hand: Die Stadt erhält die gewünschte uniformierte Präsenz; durch kommunale Satzung kann sie selbst Ordnungswidrigkeiten normieren und für deren Ahndung sorgen. Die Polizei wird von den Forderungen nach „Mehr Grün auf die Straße“ entlastet. Das Sanktionsrepertoire beider Behörden kann ausgeschöpft werden.

In Nordrhein-Westfalen zum Beispiel gehört die Aufrechterhaltung der „öffentlichen Ordnung“ nicht mehr zu den Aufgaben der Polizei, sehr wohl aber ist sie eine der Ordnungsbehörden. Das nordrhein-westfälische Polizeigesetz erlaubt auch kein Aufenthaltsverbot. Aufgrund der ordnungsrechtlichen Generalklausel werden solche Verbote jedoch von den MitarbeiterInnen der Ordnungsbehörden verhängt.[3]

Die praktischen Formen der polizeilich-ordnungsamtlichen Kooperation reichen von abgestimmten Streifenplänen über gemeinsame Streifengänge bis zur Schaffung gemeinsamer Einrichtungen, wie etwa des „Büros für Ordnung, Schutz und Sicherheit (B.O.S.S.)“ in Paderborn[4] oder der „Koordinierungs- und Einsatzleitstelle“ des Dortmunder Ordnungsamtes, die die gemischten Doppelstreifen koordiniert und ein zentrales Bürger- und Servicetelefon unterhält.[5] Für das vierte Quartal 1998 und die ersten beiden des Jahres 1999 hat die Stadt Dortmund eine Tätigkeitsbilanz veröffentlicht. In dem dreiviertel Jahr wurden insgesamt 1.098 Doppelstreifen gezählt. Diese haben 1.541 Ordnungswidrigkeiten und 252 Straftaten festgestellt, 2.935 Platzverweise ausgesprochen und 200 Personen in Gewahrsam genommen. Rund ein Viertel der mit einer Anzeige geahndeten Ordnungswidrigkeiten bezogen sich auf „aggressives Betteln“; zu den Straftaten gehörten Betäubungsmitteldelikte, Ladendiebstahl, Sachbeschädigungen und Schwarzfahren.[6]

In vielen Großstädten werden ähnliche Formen der Zusammenarbeit praktiziert. Im Rahmen der „Sicherheitsoffensive und Innenstadtbelebung“ richtete der Sicherheits- und Ordnungsdienst der Stadt Frankfurt/M. vor einigen Jahren eine eigene „City Streife“ mit einem festen Stützpunkt auf der Zeil ein. Den Streifen obliegt „die gesamte Kontrolle öffentlichen Satzungs- und Ausländerrechts“. Im ersten halben Jahr ihrer Tätigkeit hatten die Streifen 818 Platzverweise erteilt. Da das hessische Polizeirecht das Institut des „Hilfspolizisten“ kennt, entlasten MitarbeiterInnen des Ordnungsamtes die staatliche Polizei von einigen Aufgaben (Entstempelungen, Verkehrsegelungen). Damit sollen bei der Polizei zusätzliche Kapazitäten zur „Kriminalitätsbekämpfung“ geschaffen werden.[7] Im Juli 2000 wurden beim städtischen Sicherheits- und Ordnungsdienst fünf Diensthunde eingestellt – nach dem Vorbild Stuttgarts, das „bereits 40 Hunde für den Schutz der Bürger im Einsatz“ hat.[8]

Der kurze Blick auf die neuen städtischen Streifen und Wachen zeigt zweierlei: Für soziale Randgruppen, deren Lebensmittelpunkt der öffentliche Raum der Innenstädte ist, nehmen die Kontrollen zu. Stadtluft macht nicht frei, sondern kontrollierbar. Und für die Mehrheit der BürgerInnen heißt die Botschaft: Sicherheit ist keine Frage des zivilen Engagements, sondern der uniformierten (Pseudo-)ExpertInnen.

Norbert Pütter arbeitet als wissenschaftlicher Angestellter an der FU Berlin und ist Redakteur von Bürgerrechte & Polizei/CILIP.
[1] S. den Beitrag von Volker Eick in diesem Heft.
[2] Nordrhein-Westfalen, Innenministerium: Sicherheit in Städten und Gemeinden, Düsseldorf 1998, S. 10 über die Iserlohner „Stadtwacht“
[3] Behrendes, U.: Polizeiliche Zusammenarbeit mit Ordnungsbehörden und sozialen Diensten im Rahmen der Gefahrenabwehr und eines ganzheitlichen Präventionsansatzes, in: Kniesel, M.; Kube, E.; Murck, M. (Hg.): Handbuch für Führungskräfte der Polizei, Lübeck 1996, S. 169-199 (193)
[4] Neue Westfälische (Lokalteil Paderborn) v. 23.5.2000
[5] Stadt Dortmund (Hg.): Partnerschaften für Dortmund, Dortmund 1999, S. 29f. Die Einrichtung einer gemeinsamen „Altstadtwache“ wird in dieser Veröffentlichung angekündigt.
[6] ebd., S. 31-33
[7] Roth, P.: Zusammenarbeit von Polizei und Kommune – das Beispiel Frankfurt am Main, in: Polizei-heute 1998, H. 5, S. 169-172 (171)
[8] Frankfurter Rundschau v. 18.7.2000

Bibliographische Angaben: Pütter, Norbert: Streifen der Ordnungsämter. Zwischen Service, Sauberkeit und Ordnung, in: Bürgerrechte & Polizei/CILIP 66 (2/2000), S. 48-50

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